
Energiekrise trifft Industrie stärker als andere Sektoren
Die deutsche Industrie steht angesichts der aktuellen Weltmarktsituation vor einer harten Probe, auch im Vergleich mit den anderen Wirtschaftssektoren. Über die Hälfte (54 Prozent) der Industrieunternehmen blicken pessimistisch in die Zukunft. Lediglich acht Prozent haben positive Geschäftserwartungen. Dies sind die schlechtesten Messwerte seit Beginn der Erhebung im Jahr 1985 – selbst während der Wiedervereinigung, der Finanz- oder Coronakrise wurden bessere Erwartungswerte gemessen. Dies ergab die gestern veröffentlichte DIHK-Konjunkturumfrage mit dem besorgniserregenden, aber leider sehr realen Titel „Die deutsche Wirtschaft im Sog der Energiepreiskrise“.
Absatzmärkte, Beschäftigungserwartungen und Investitionen lassen nach
Die Erwartungen der Industrie für das internationale Geschäft sind deutlich gedämpft. Laut DIHK-Umfrage erwarten insgesamt nur elf Prozent der Industriebetriebe eine Exportzunahme. Besonders sorgenvoll blickt die Metallindustrie in die Zukunft, hier erwarten nur neun Prozent ein Exportplus. Vor allem die energieintensive Grundstoffindustrie hat Schwierigkeiten, sich im internationalen Wettbewerb zu behaupten.
Verhalten ist die Industrie auch in Anbetracht der Beschäftigungsentwicklung in den nächsten zwölf Monaten. So gehen die Unternehmen fast flächendeckend davon aus, ihren Beschäftigungsumfang in den nächsten zwölf Monaten verkleinern zu müssen. Von den Industrieunternehmen rechnen nur 15 Prozent mit mehr, 22 Prozent hingegen mit weniger Beschäftigten.
Auch das Investitionsklima in der deutschen Industrie ist weitestgehend gedrückt. Sowohl die Vorleistungsgüterproduzenten (-14 Prozent) als auch die Investitionsgüterproduzenten fahren ihre Investitionen mit einem Minus von fünf Prozent zurück. Eine positive Ausnahme stellt der Kraftfahrzeugbau dar, wo es angesichts des dringenden Transformationsbedarfs weiterhin eine kräftige Investitionsabsicht (+ zwei Prozent) im Bereich der Elektromobilität gibt.
Industrie zieht Konsequenzen: Produktionsrückgang und Abwanderung
Die hohen Energiepreise und die Unsicherheit in der Energieversorgung stellen für alle Sektoren ein Geschäftsrisiko dar. Die Studie zeigt jedoch, dass die Industrie im besonderen Maße betroffen ist. So haben fast 14 Prozent aller Unternehmen inzwischen ihre Produktion reduziert, in der Industrie sind es jedoch mit 17 Prozent am meisten. Außerdem steigt gut ein Fünftel der Industrieunternehmen auf andere Energieträger um, während es in den anderen Sektoren nur ein Zehntel ist. Hier fällt auf, dass es vor allem die energieintensiven Industriezweige sind, bei denen es in der Produktion von industriellen Vorgütern zu Drosselungseffekten kommt. Die chemische Industrie reduzierte ihre Produktion um 27 Prozent, während die Unternehmen der Glas-, Keramik- und Steinverarbeitung ihre Produktion um 30 Prozent zurückfuhren. Aber auch die weiterverarbeitende Industrie verzeichnet signifikante Produktionsrückgänge: die Nahrungs- und Futtermittelindustrie (-28 Prozent) oder Investitionsgüterhersteller wie die Hersteller von Kfz-Teilen (-21 Prozent).
Als Reaktion auf die hohen Energiepreise gibt jedes zwölfte Industrieunternehmen an, seine Produktion künftig ins Ausland verlagern zu wollen. Besonders trifft dies auf die Automobilindustrie zu. Hier planen 17 Prozent der Unternehmen eine Abwanderung. Lediglich sieben Prozent der Industrieunternehmen geben an, dass sie nicht von den gestiegenen Kosten betroffen seien, beim Dienstleistungssektor liegt dieser Wert dagegen bei 22 Prozent.
Zu der Konjunkturumfrage, für die mehr als 24.000 Unternehmen befragt wurden, geht es hier.