#IndustrieGefragt mit Max Hochstein von In4climate.RR
„Die Herausforderungen durch den Kohleausstieg sind nicht abzustreiten. Es gibt aber auch große Chancen.“
Max Hochstein ist Projektmanager bei IN4climate.RR, ein gemeinsames Projekt des Thinktanks IN4climate.NRW (unter dem Dach von NRW.Energy4Climate) und des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie. Ziel ist es, den Strukturwandel im Rheinischen Revier und die Industrietransformation zur Klimaneutralität am Standort NRW zu verbinden.
Wie begleiten Sie den Strukturwandel im Rheinischen Revier?
Das Projekt begleitet den Strukturwandel auf zwei Pfaden. Zum einen über eine Plattform, auf der Akteure zusammengebracht werden, um sich auszutauschen, den Strukturwandel gemeinsam anzugehen und Lösungen zu suchen. Zum anderen unterstützt das Projekt den Strukturwandel durch wissenschaftliche Expertise. Das Projekt IN4climate.RR ist aus zwei Institutionen zusammengesetzt und begleitet den Strukturwandel sowohl über die Landesgesellschaft NRW.Energy4Climate als auch über das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie auf wissenschaftlicher Ebene.
Übergeordnetes Ziel ist dabei die Industrietransformation. Mit dem nahenden Ende des Kohleabbaus und der Kohleverstromung steht die Industrie im Rheinischen Revier vor großen Herausforderungen. Hier wollen wir anknüpfen und etwas Neues aufbauen. Wir nähern uns dem Thema Industrietransformation auf unterschiedlichen Wegen. Vor allem gilt es, neue Konzepte zu entwickeln, die sich z. B. mit der Frage befassen, wie der Energiebedarf in Zukunft gedeckt werden kann. Ein weiterer Schwerpunkt ist das Voranbringen der zirkulären Wertschöpfung. Künftig müssen Wertschöpfungsketten in der Region völlig neu gedacht werden, ein großes Thema dabei ist die Kreislaufwirtschaft.
Der Kohleausstieg verändert die Region. Oft liegt der Fokus dabei auf den Herausforderungen, doch welche Potenziale bietet er für die Region?
Die Herausforderungen sind nicht abzustreiten. Für die Region gibt es aber auch große Chancen. Während sich IN4climate.RR auf die Industrie fokussiert, gibt es zudem Initiativen in der Rheinischen Region, welche die gesellschaftliche Ebene betrachten. In jedem Fall brauchen wir alle einen langen Atem – der Strukturwandel in der Region wird bis 2030 sicher nicht vollständig abgeschlossen sein. In unserer Arbeit konzentrieren wir uns besonders darauf, die Klimaneutralität voranzutreiben. Wir beschäftigen uns damit, Alternativen zu fossilen Brennstoffen aufzuzeigen und weiterzuentwickeln, um die Industrie klimaneutral aufzustellen. Dabei können neue Prozesse und Betriebe entstehen, die für die Gesellschaft der Region große Chancen beinhalten. Der Strukturwandel muss auch deswegen vorangetrieben werden, um die Abwanderung von Unternehmen ins Ausland wegen preiswerterer Produktionskosten zu verhindern. Wir erleben immer wieder, dass gerade alteingesessene Firmen grundsätzlich bemüht sind, Wege zu finden, weiterhin am Standort bleiben zu können.
Das Rheinische Revier vereint zwei Seiten einer Medaille, den Wirtschaftsstandort und naturnahe Grünflächen. Dies gilt es in Zukunft noch besser zu nutzen. Die Transformation der Industrie kann für die Steigerung der Lebensqualität ein Gewinn sein. Eine Chance ist die Nachfolgenutzung von Kraftwerkstandorten als neue Industrieflächen oder durch die Nutzung von Seen für schwimmende Photovoltaikanlagen, Floating PV. Die Klimaneutralität und die zirkuläre Wertschöpfung ermöglichen ganz neue Betriebe und Arbeitsplätze. Gerade alteingesessene Unternehmen sind mit dem Rheinischen Revier tief verbunden und wollen ihren Standort dort halten. Es gibt auch eine sehr aktive Start-Up- und Gründerszene. Dies ist Herausforderung und Chance zugleich, hier Industrie und Wertschöpfung neu zu erfinden.
Was verbirgt sich hinter Ihren Zukunftslaboren?
Die Zukunftslabore bilden das Herzstück des Projektes. Wir wollten es absichtlich nicht Reallabore nennen, die sind ja aktuell in aller Munde. Bei den Zukunftslaboren handelt es sich um eine Arbeitsplattform für Unternehmen, auf der man sich vernetzt und gemeinsam Lösungen erarbeitet. Es gibt drei Zukunftslabore:
- Wasserstoff für die Zeit nach der Kohle: Hier werden viele Fragen aufgeworfen. Welche Hürden gibt es? Für welche Unternehmen ist es relevant? Wie können Netze entstehen? Für welche Betriebe ist es relevant? Wer hat Bedarf? Wer bietet an? Wer braucht eine Flamme für seine Produktion? Wer kann auch elektrifiziert werden?
- Nachhaltige Kohlenstoffwirtschaft: Das Zukunftslabor schaut auf Alternativen auf dem Weg hin zur klimaneutralen Produktion. Biomasse ist dabei ein großes Thema, gerade in den Bereichen Lebens- und Futtermittel. Schließlich ist das Rheinische Revier sehr ländlich.
- Zirkuläre Wertschöpfung: Hier fragen wir, wie man neue Wertschöpfungsketten von Anfang an zirkulär gestalten kann. Themenschwerpunkte sind Aluminiumrecycling, Textilrecycling und die Wiederverwertung von Altfahrzeugen.
Die Zukunftslabore sprechen vorrangig Unternehmen an – vor allem aus der Industrie -, aber auch Politik (Städte und Kreise) und Forschungsinstitute, wie die RWTH Aachen oder das Forschungszentrum Jülich. Die Zukunftslabore sind breite Plattformen mit je 10 bis 20 Teilnehmenden, deren Inhalte sich nach den jeweiligen Problemstellungen richten. Die Akteure der Zukunftslabore treffen sich einmal im Quartal. Die Aufbauphase ist abgeschlossen, es sind nun alle auf dem gleichen Wissensstand und die konkrete Arbeit kann beginnen.
_________________________________________________________
Kontakt:
Max Hochstein
IN4climate.RR
Web: IN4climate.RR – NRW.Energy4Climate
Kontakt: max.hochstein@energy4climate.nrw