Die Automobilindustrie – Stabilitätsanker der deutschen Wirtschaft
Die Automobilindustrie ist die größte Branche im verarbeitenden Gewerbe in Deutschland. Gemessen am Umsatz ist sie der wichtigste deutsche Industriezweig. Die Unternehmen der Branche erwirtschafteten im Jahr 2020 einen Umsatz von gut 378 Milliarden Euro[1]. Der Anteil des verarbeitenden Gewerbes, einschließlich der Automobilindustrie an der Bruttowertschöpfung in Deutschland im Jahr 2020 betrug 22,9%[2] (Die Bruttowertschöpfung lag im Jahr 2020 bei 3.050,32 Milliarden Euro).[3] Insgesamt wurden 2020 knapp 808.935 Personen in der Automobilindustrie beschäftigt, das sind ca. 13% der Gesamterwerbstätigen im verarbeitenden Gewerbe in Deutschland.[4]
Die Wertschöpfungskette in der Automobilindustrie besteht aus sehr heterogenen Elementen, z. B. benötigt die Fahrzeugherstellung verschiedene Rohstoffe und Komponenten. Deshalb sind zahlreiche Branchen an der Herstellung von Fahrzeugen beteiligt, die zunächst einmal nicht den Anschein erwecken, mit der Automobilindustrie eng zusammen zu arbeiten. Darunter fallen z. B. Materialien, die aus der chemischen Industrie oder der Stahlindustrie stammen, sowie Teile und Komponenten aus dem Maschinenbau. Der Einflussbereich der Automobilindustrie ist allerdings noch weitgreifender, da z. B. auch Ingenieure, Autohändler und Werkstätten direkt oder indirekt mit der Automobilindustrie zusammenhängen.[5]
Zulieferindustrie – ein entscheidender Teil der Wertschöpfungskette
Die Wertschöpfung eines Automobils liegt zu ¾ bei den Zulieferern. Insgesamt sind ca. 900 Unternehmen in Deutschland Automobilzulieferer, in denen mehr als 300.000 Beschäftigte einen Umsatz von über 80 Mrd. Euro pro Jahr erwirtschaften. Die zwei größten Automobilzulieferer weltweit sind Unternehmen aus Deutschland. Schaut man sich die 100 größten Automobilzulieferer an, so finden sich dort 17 deutsche Unternehmen, die insgesamt etwa ¼ des Gesamtumsatzes erwirtschaften.
Deutschlands innovativer Erfolg
Jedes dritte Patent, das weltweit im Bereich der E-Mobilität angemeldet wird, kommt aus Deutschland. Dies zeigt, dass deutsche Unternehmen – Hersteller, aber auch viele Zulieferer – intensiv an den Technologien der Zukunft arbeiten.[6]
Ein wichtiger Faktor des weltweiten Erfolgs der deutschen Automobilindustrie ist ihre Innovationskraft. Im Jahr 2019 hat sie ihre weltweiten Aufwendungen für Forschung und Entwicklung auf 45 Mrd. Euro erhöht. Das entspricht einem Zuwachs von etwa 5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Damit liegt sie an der Spitze vor japanischen (33 Mrd. Euro) und amerikanischen (18 Mrd. Euro) Unternehmen.[7]
Gleichzeitig lebt der Automobilstandort Deutschland stark vom Export. Insgesamt wurden 2020 3,5 Millionen Personenkraftwagen (Pkw) in Deutschland hergestellt. Davon wurden rund 2,6 Mio. Pkw exportiert, was eine Exportquote von rund 75,2 Prozent ausmacht. Aufgrund der konjunkturellen Abschwächung der Nachfrage auf den Weltmärkten infolge der Auswirkungen der Corona-Pandemie seit Anfang 2020 wurden zuletzt auch in Deutschland weniger Autos gebaut.[8]
Strukturwandel in der Automobilindustrie
Die Automobilindustrie befindet sich in einem mehrdimensionalen Transformationsprozess. Elektromobilität bietet die Chance, die Verwendung von fossilen Kraftstoffen zu verringern und damit gesundheitsschädliche und zum Klimawandel beitragende Emissionen zu reduzieren.[9] Dies erfordert u. a. von Zulieferern, das eigene Geschäftsmodell grundlegend anzupassen, teilweise erfordert es sogar eine komplett neue Strukturierung. Allerdings sind viele, insbesondere kleinere Zulieferer extrem auf einzelne Bauteile spezialisiert, was ihnen die Anpassung erschwert.[10]
Gleichzeitig ergeben sich aus der Elektrifizierung und der Digitalisierung Möglichkeiten, Pkws und andere Straßenfahrzeuge besser in ein flexibles und innovatives Verkehrssystem der Zukunft einzubinden. [11] Die Digitalisierung von Produkten, aber auch der Produktion selbst, ist daher für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Automobilindustrie zentral.
Durch den Transformationsprozess verändert sich auch die Beschäftigtenstruktur. Durch Digitalisierung und Automatisierung der Produktion werden weniger Arbeitskräfte in der Montage benötigt, dafür aber mehr Personen in der Anlagenprogrammierung und -steuerung. Mit diesen Herausforderungen in der Produktion konfrontiert, nehmen viele Hersteller vorher ausgelagerte Fertigungsschritte wieder selbst in die Hand.[12]
Durch die Vernetzung von Fertigungsprozessen werden sich Wertschöpfungsketten und die Zusammenarbeit von Zulieferern und Automobilherstellern grundlegend verändern. Dies wird deutliche Auswirkungen auf den Industriestandort Deutschland haben. Um den Strukturwandel zu meistern, müssen nachhaltige Bedingungen für den deutschen Industrie- und Automobilstandort etabliert werden. Insbesondere stark von der Automobilbranche abhängige Unternehmen und Regionen werden Unterstützung bei der Anpassung ihrer Kompetenzen benötigen.[13]