Fachkräfte in der Industrie: Dringend gesucht!
Seit vielen Jahren nimmt der Mangel an Fachkräften in Deutschland zu. In einem Beruf wird von Fachkräftemangel gesprochen, wenn es in einer Region nicht genügend arbeitslose Fachkräfte mit passender Qualifikation gibt, um alle offenen Stellen besetzen zu können. Für Unternehmen wird es in solch einer Situation immer schwieriger, Stellen in den betroffenen Berufen zu besetzen.[1] Die Deutsche Industrie- und Handelskammer geht im Januar 2023 davon aus, dass in ganz Deutschland über alle Branchen hinweg für rund 2 Millionen Stellen keine Arbeitskräfte gefunden werden können.[2]
Fehlende Arbeitskräfte bedrohen Unternehmen in ihrer Existenz. Im Herbst 2022 gaben 56 Prozent aller in der DIHK-Konjunkturumfrage befragten Unternehmen an, dass der Engpass an Fachkräften für sie ein großes unternehmerisches Risiko darstellt. Im Sektor Industrie nimmt dieser Engpass den dritten Platz bei den Geschäftsrisiken ein.[3]
Etwa sechs von zehn (58 Prozent) Industrieunternehmen berichten 2022 von Stellen, die sie nicht besetzen können. Als Grund nennen sie, dass kein qualifiziertes Personal zu finden sei. Dies ist ein sehr deutlicher Anstieg gegenüber den Vorjahren (2021: 53 Prozent; 2020: 29 Prozent).
Diese Zunahme dürfte neben der demografischen Entwicklung auch daran liegen, dass Unternehmen Personal für Zukunftsaufgaben wie die Digitalisierung von Prozessen und die Transformation hin zur Klimaneutralität suchen.[4]
Der Industrie fehlen vor allem dual ausgebildete Fachkräfte sowie Meister und Fachwirte
Von den 58 Prozent der Industrieunternehmen, die angaben, Stellen nicht besetzen zu können, suchen 52 Prozent Fachkräfte mit einer abgeschlossenen dualen Ausbildung. Beschäftigte mit einer höheren Berufsbildung – einer Weiterbildung zum Meister oder Fachwirt – werden in 43 Prozent dieser Industrieunternehmen erfolglos gesucht. Auf die gesamte Wirtschaft betrachtet, suchen von den Unternehmen, die Stellen nicht besetzen können, 48 Prozent Absolventinnen und Absolventen mit einer abgeschlossenen dualen Ausbildung und 37 Prozent Arbeitskräfte mit einer erfolgreichen Weiterbildung zum Meister oder zum Fachwirt. Die Branchen Maschinenbau (59 Prozent) und Herstellung von Metallerzeugnissen (53 Prozent) haben noch deutliche größere Probleme, vakante Stellen mit dual ausgebildeten Arbeitskräften zu besetzen, als es in der Industrie insgesamt der Fall ist.[5]
Die Transformation der Industrie ist nur mit Fachkräften zu meistern
Die Engpässe bei Fachkräften bedrohen die Zukunftsaufgaben der Industrie: Die Transformation weg von fossilen Brennstoffen hin zu Klimaneutralität. Zu den Branchen, die besonders große Probleme bei der Stellenbesetzung haben, gehören die Investitionsgüterproduzenten (65 Prozent) – also die Hersteller von Maschinen oder technischen Anlagen zur Erhaltung, Verbesserung oder Erweiterung der Produktionsausrüstungen – sowie Hersteller von Spitzen- und Hochtechnologie (jeweils 63 Prozent). Ebenfalls überdurchschnittlich von Fachkräfteengpässen betroffen ist der Maschinenbau (67 Prozent): Beim Aufbau einer auf erneuerbaren Energien basierten Wirtschaft spielen Betriebe dieser Branchen eine Schlüsselrolle.[6] So schätzt das Bundesinstitut für Berufsbildung im Januar 2023, dass bei einer planungsgemäßen Umsetzung der Nationalen Wasserstoffstrategie der zusätzliche Bedarf an qualifiziertem Personal allein in der Maschinenbaubranche bis 2030 bei 5.000 Personen liegt. Dieser Bedarf an Fachkräften kommt neu hinzu und addiert sich auf die Menge des bereits in der aktuellen Lage fehlenden Fachpersonals. Diese Zunahme ist insbesondere den Ausrüstungsinvestitionen und der Herstellung von Elektrolyseuren zuzuschreiben sowie den Exportchancen von Elektrolyseuren, die ebenfalls hauptsächlich dem Maschinenbau zugutekommen werden.[7]
Das Fehlen von Fachkräften ist ein deutschlandweites Problem in der Industrie
Der Mangel an Fachkräften in den Metall- und Elektroberufen (Metallerzeugung und -bearbeitung, Metallbauberufe, Maschinen- und Fahrzeugtechnikberufe, Mechatronik-, Energie- und Elektroberufe sowie technische Forschungs-, Entwicklungs-, Konstruktions- und Produktionssteuerungsberufe), ist ein Problem, das flächendeckend im gesamten Bundesgebiet in allen Bezirken der Arbeitsagentur auftritt.
Besonders stark vom Fachkräftemangel in Metall- und Elektroberufen betroffen sind die niedersächsischen Arbeitsagenturbezirke Nordhorn, Vechta und Osnabrück sowie die bayerischen Arbeitsagenturbezirke von Bayreuth bis Passau. Hier können rechnerisch 75 Prozent bzw. 80 Prozent der offenen Stellen nicht mit passend qualifizierten Arbeitslosen aus der Region besetzt werden. Deutlich weniger stark vom Fachkräftemangel in Metall- und Elektroberufen betroffen ist die Metropolregion Ruhr (Essen, Recklinghausen, Hagen, Gelsenkirchen). Dort können rechnerisch 30 bis 40 Prozent der Stellen nicht mit qualifizieren Arbeitssuchenden aus der näheren Umgebung besetzt werden. In Hamburg und Berlin liegt diese Zahl jeweils bei 40 Prozent. Wenig Probleme bei mit einer passenden Stellenbesetzung erleben Unternehmen in Solingen mit 10 Prozent sowie im hessischen Arbeitsagenturbezirk Bad Homburg mit 20 Prozent.[8]