Die Ressource „Fläche“: Ein begehrtes und begrenztes Gut

Flächen sind knapp. Unterschiedliche Bedarfe konkurrieren um ihre Nutzung: Flächen werden benötigt, um Wohnraum oder Gebiete für die Ansiedlung von Gewerbe und Produktion zu schaffen. Infrastruktur, wie Verkehrswege oder Energieversorgung, sowie in Städten, Gemeinden und Landkreisen Grün- und Erholungsflächen „verbrauchen“ ebenfalls Flächen.
Die Bundesrepublik Deutschland hat eine Gesamtbodenfläche von 357.581 Quadratkilometern (bzw. 35.758.100 Hektar). Davon entfielen zum Stichtag 31. Dezember 2019 auf die Flächen für die Nutzungsart Siedlung[1] 33.433 Quadratkilometer, das sind 9,3 % der gesamten Bodenfläche des Landes. In der Nutzungsart Siedlung werden als Wohnbauflächen 13.824 Quadratkilometer (3,9 %) und als Industrie- und Gewerbeflächen 6.211 Quadratkilometer (1,7 %) genutzt. Die Nutzungsart Verkehr (18.056 Quadratkilometer bzw. 5 % der Gesamtbodenfläche) umfasst ganz überwiegend Flächen für Straßen und Wege. Den größten Anteil an der Gesamtbodenfläche in Deutschland nimmt die Fläche für Vegetation (83 %) ein. Diese setzt sich im Wesentlichen aus Flächen für Landwirtschaft (51 %) und Wald (30 %) zusammen. Gut 2 % der Fläche sind mit Gewässern bedeckt.[2]

Bodenfläche in Deutschland nach Nutzungsarten in % (2019). Datenquelle: Statistisches Bundesamt.
Die Nutzung von Flächen unterscheidet sich sehr von Region zu Region. So werden 2019 beispielsweise im Stadtstaat Berlin 24,8 % der Gesamtfläche für Wohnbauflächen genutzt. In Flächenland Mecklenburg-Vorpommern sind es dagegen 1,7 %. Auch die Flächennutzung für Industrie und Gewerbe unterscheidet sich von Bundesland zu Bundesland: In Bremen werden 8,3 % der Gesamtfläche des Bundeslandes für diesen Zweck verwendet. In Bayern und Schleswig-Holstein – Bundesländer mit viel Waldflächen, Landwirtschaft und Naturschutzgebieten – sind es je 0,7 %.[3]

Eigene Darstellung der Anteile der Fläche für Industrie und Gewerbe in % (2019). Datenquelle: Statistisches Bundesamt.
Täglich werden in Deutschland neue Flächen zur Bebauung freigegeben. Zum Stand 31. Dezember 2019 wuchs in Deutschland die Siedlungs- und Verkehrsfläche jeden Tag um 52 Hektar (bzw. 0,52 Quadratkilometer).[4] Das entspricht der Fläche von rund 73 Fußballfeldern. In der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie von 2021 gibt die Bundesregierung das Ziel vor, dass die Inanspruchnahme zusätzlicher Flächen für Siedlungs- und Verkehrszwecke bis 2030 auf durchschnittlich unter 30 Hektar pro Tag begrenzt werden soll. Bis zum Jahr 2050 wird eine Flächenkreislaufwirtschaft angestrebt. Das heißt, es sollen netto keine weiteren Flächen für Siedlungs- und Verkehrszwecke beansprucht werden.[5]
Gerade städtische Ballungsgebiete, die eine dynamische wirtschaftliche sowie demografische Entwicklung durch Zugezogene aufweisen und durch die kommunalen Grenzen in ihrer räumlichen Ausdehnung klar begrenzt sind, stellen einen zunehmenden Mangel an frei verfügbaren Flächen für Wohnbau- sowie Gewerbe- und Industrieflächen fest.[6]
Exkurs: Flächenverknappung und die Auswirkungen am Beispiel der Stadt Regensburg
Am Beispiel der kreisfreien Stadt Regensburg sei skizziert, vor welchen Herausforderungen betroffene Kommunen und Unternehmen aufgrund knapper Flächen stehen. Regensburg hat sich seit 2009 unter allen kreisfreien Städten und Landkreisen Deutschlands in demografischer und wirtschaftlicher Hinsicht mit am dynamischsten entwickelt. Unternehmen und die Bevölkerung wachsen und suchen Flächen zum Produzieren sowie zum Wohnen und Leben.
Stand 2019 verfügte die Stadt über 24 Hektar gewerbliche Potenzialflächen, die mit Baurecht versehen waren und damit kurzfristig für Neuansiedlungen oder Weiterentwicklungen für Unternehmen zur Verfügung standen. Unter den Bedingungen eines nachhaltigen Flächenmanagements geht die Stadt Regensburg von einem jährlichen Flächenbedarf zwischen 8 und 12 Hektar aus. Das heißt, dass die kurzfristig zur Verfügung stehenden Potenzialflächen den Bedarf von zwei bis drei Jahren decken.[7]
Bei einer Befragung unter Unternehmen in der Stadt Regensburg wurde festgestellt, dass rund 37 % der Befragten bereits seit 2009 die Absicht hatten, sich innerhalb der Stadt Regensburg zu verlagern oder zu erweitern. Tatsächlich umgesetzt haben diese Absicht dann mehr als die Hälfte der Unternehmen (56 %). Unternehmen aus den Branchen IT-Dienstleistungen und sonstige unternehmensorientierte Dienstleistungen konnten ihre Umzugs- bzw. Expansionspläne in mehr als 80 % der Fälle umsetzen, während dies Unternehmen aus dem Baugewerbe und dem Kfz-Handwerk nur in jedem dritten Fall gelang. Die (fehlenden) Flächen waren dabei das Haupthemmnis: Fast jedes zweite Unternehmen gab an, keine passenden Flächenangebote gefunden zu haben und 40 % der Unternehmen fanden zwar geeignete Flächen, die aber zu teuer waren. Jedes elfte der befragten Unternehmen plant in den kommenden Jahren eine (teilweise) Verlagerung aus der Stadt Regensburg. Von den Unternehmen mit Verlagerungsplänen planen 60 % in den Landkreis Regensburg umzuziehen und wollen damit in der Region bleiben. Weitere 21 % der Unternehmen planen einen Umzug ins übrige Bayern, 10 % ins Ausland und 5 % ins übrige Deutschland. Die mit Abstand wichtigsten Gründe für eine geplante Verlagerung sind bei der aktuellen Umfrage die hohen Kosten für Gewerbeflächen (inklusive Mietsteigerung für die Bestandsflächen), Flächenengpässe und fehlende Erweiterungsmöglichkeiten am Standort und generell fehlende Alternativ- und Erweiterungsflächen in der Stadt Regensburg. Andere Gründe, wie der Fachkräftemangel, hohe Lohnkosten oder Nutzungskonflikte, haben dagegen eine deutlich untergeordnete Bedeutung.[8]
In Zusammenarbeit mit dem Bündnis „Zukunft der Industrie“, der IG Metall und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat die Service und Beratungsstelle für regionale Industrieinitiativen am 29. Juni 2021 einen Webtalk zum Thema der für Unternehmen immer knapper werdenden nutzbaren Flächen durchgeführt. Wolfgang Lemb (geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall und Vorsitzender des Bündnisses „Zukunft der Industrie“), Gertrud Maltz-Schwarzfischer (Oberbürgermeisterin der Stadt Regensburg) und Dr. Ralf Geruschkat (Hauptgeschäftsführer der SIHK zu Hagen) haben diese Problemstellung diskutiert und brachten ihre jeweiligen Perspektiven ein. Der Webtalk kann hier auf dem Youtube-Kanal des Bündnisses „Zukunft der Industrie“ angesehen werden.