Schwach, stark oder stürmisch: Alle Windstärken für die Energiewende nutzen
Fakten
- Grüner Strom in 2021: Knapp 40 Prozent aus Onshore-Windenergie, rund 18 Prozent Offshore-Windenergie
- 2021 Von in Deutschland installierten Windenergieanlagen erzeugter Strom: Rund 117 Terawattstunden.
- Bis 2032 sind zwei Prozent der Flächen in den Ländern für Windenergie an Land durch die Regionalplanung und die kommunale Bauleitplanung auszuweisen.
- Bis 2027 sollen 1,4 Prozent der Flächen für Windenergie an Land bereitstehen.
- Wie lange dauert es von der Planung bis zur Inbetriebnahme eines Windrads? Fünf bis sieben Jahre.[1]
Windkraft ist neben Solarenergie eine der erneuerbaren Energien, die für die Energiewende entscheidend sind. Die Bundesnetzagentur hat kürzlich Lizenzen für Bau und Betrieb von Windkraftanlagen für Gebiete in der Nord- und Ostsee versteigert. Den Zuschlag erhielten zwei große Ölkonzerne für insgesamt 12,6 Milliarden Euro.[2] Es kann als ein richtiges und wichtiges Zeichen gelesen werden, wenn Ölkonzerne in Erneuerbare Energien investieren. Noch stehen in diesen Gebieten allerdings keine Windkraftanlagen. Mit einer installierten Windenergieanlagenleistung von rund 67 Gigawatt ist Deutschland nach China und der USA jetzt schon der drittgrößte Windenergieproduzent.[3] Als eine der insgesamt acht strategischen Netto-Null-Technologien des EU Net Zero Industry Act (NZIA) beschäftigt sich dieser Transformationscheck mit Windenergie. Die Transformationschecks sind eine Reihe zur Vorbereitung des Industrieforums 2023 Auf dem Weg zu Net Zero: Technologien für die Transformation am 5. September in Berlin. Erfahren Sie hier mehr zum Industrieforum 2023.
Wie funktioniert Windkraft?
Sobald Wind auf die Rotorblätter eines Windrades trifft, erzeugt er Auftriebsenergie – ähnlich wie bei einem Flugzeug. Das setzt die Rotorblätter in Bewegung. Der Rotor gibt diese Energie an einen Generator weiter. Der Generator wandelt die mechanische Energie in Strom, das heißt elektrische Energie, um. Die Stromerzeugung in einer Windkraftanlage ähnelt der Funktionsweise eines Fahrraddynamos. Es folgt die Einspeisung ins Stromnetz.
Wie steht es um die Windkraft in Deutschland?
Innerhalb weniger Jahre hat die Stromerzeugung aus Windkraft in Deutschland stark zugenommen. Im Jahr 2021 erzeugten die in Deutschland installierten Windenergieanlagen rund 117 Terawattstunden Strom. Das entspricht einem Anteil an der gesamten Bruttostromerzeugung von rund 20 Prozent. Die Windkraft spielt in Deutschland die bedeutendste Rolle bei der Stromversorgung aus erneuerbaren Energien. Knapp 40 Prozent des aus erneuerbaren Energieträgern gewonnenen Stroms stammt aus der Onshore-Windenergie. Diese Anlagen stehen an Land, während Offshore-Windkraftanlagen auf See installiert sind. Die Anzahl der Onshore- und Offshore-Windenergieanlagen steigt jährlich.[4] Produzierende Unternehmen von Windkraftanlagen Zum 1. März 2023 verkündete die Hamburger Unternehmensleitung des Windenergiekonzerns Nordex die Schließung von Deutschlands letzter Rotorblattfabrik. Rund 600 Mitarbeitende verloren ihren Arbeitsplatz. Der globale Markt der Windenergiebranche ist herausfordernd. Hohe Kosten für Rohstoffe und Logistik sowie gestiegene Preise für Stahl und Kunststoffe setzen den Unternehmen zu.[5] Zudem schreibt keiner der führenden Windkonzerne schwarze Zahlen. 4,7 Milliarden Euro Minus machten Vestas, Siemens Gamesa, GE und Nordex im vergangenen Jahr zusammen – obwohl die Nachfrage nach Windrädern so hoch ist wie noch nie. Das Problem: Der Wettbewerb um die besten Turbinen stellt die herstellenden Unternehmen vor große Herausforderungen.[6]
Good News der Windenergie
- Windenergie ist eine erneuerbare und unerschöpfliche Energiequelle: Im Jahr 2020 produzierten Windkraftanlagen in Deutschland 132 Terawattstunden Strom. Damit überstieg ihr Anteil erstmals die Summe aller fossilen Quellen und machte den größten Anteil am deutschen Energiemix aus.[7]
- Nach drei bis fünf Monaten haben sich Windenergieanlagen bereits energetisch amortisiert. Das bedeutet, dass die Anlage dann so viel Energie produziert hat wie für Herstellung, Betrieb und Entsorgung aufgewendet werden müssen. Dies ist im Vergleich zu anderen erneuerbaren Energien sehr kurz.[8]
- Die Bundesregierung hat das Bundesnaturschutzgesetz novelliert: Es gelten bundeseinheitliche Standards für die artenschutzrechtliche Prüfung, sodass Verfahren beschleunigt werden können.[9]
Herausforderungen der Windenergie
- Große Mengen an Eisenerz, Kupfer, Silber, Bauxit sowie seltenen Erden sind bei der Herstellung von Windkraftanlagen erforderlich: Der Abbau dieser Rohstoffe unter anderem in Brasilien, Peru, Chile, Mexiko, Argentinien, Guinea und China ist mit Gefahren für die Umwelt verbunden.[10] Die Beschaffung der Rohstoffe verursacht zudem hohe Kosten.
- Bis 2032 sind zwei Prozent der Flächen für Windenergie auszuweisen: Grundlage ist das Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG). Es gibt den Bundesländern verbindliche Ziele vor. Die dort festgeschriebenen Ausbauziele für die Windenergie an Land sind aber für 2024 und 2025 schon nicht mehr einzuhalten.[11] Planungs- und Genehmigungsverfahren bremsen den Ausbau.
- Schleppende Genehmigungsverfahren bei Sondertransporten, z. B. der Rotorblätter.[12]
- Laut dem Fraunhofer-Institut für Windenergiesysteme macht die Rotorblattproduktion bis zu 20 Prozent der Gesamtkosten einer Windenergieanlage aus und erfolgt heute noch überwiegend in Handarbeit. Die Kosten lassen sich aber mit innovativen Fertigungstechnologien und alternativen Materialien spürbar reduzieren. Das BladeMaker-Demonstrationszentrum des Fraunhofer IWES umfasst die gesamte Fertigungskette der Rotorblattproduktion und verknüpft Konstruktion und Fertigung in neuartiger Weise miteinander: es kommen innovative Materialien zum Einsatz, Prozesse werden optimiert und neue Verfahren angewandt.
- Windkraftanlagen erzeugen nur Strom, wenn die Wetterlage es hergibt. Die Lösung für diese volatile Erzeugung bieten zum Beispiel Speichersysteme (s. Transformationscheck Batterie und Speicher).
Ausblick
Windkraft ist eine erneuerbare Energie, die bei der Energiewende und Dekarbonisierung der Industrie unerlässlich ist. In Kombination mit Solarenergie (s. Transformationscheck Solarenergie) und Speichermöglichkeiten trägt sie zum Gelingen der ökologischen Transformation bei. Allerdings brauchen die produzierenden Unternehmen und ihre Zulieferer bestmögliche Rahmenbedingungen auf nationaler und EU-Ebene, um wirtschaftlich zu produzieren. Das heißt auch: Vereinfachte Planungs- und Genehmigungsverfahren für die nachgelagerten Schritte wie Aufbau und Inbetriebnahme von Windkraftanlagen. Auch braucht das Repowering, d. h. alte Anlagen durch neue leistungsfähigere Windräder zu ersetzen, einen unbürokratischen Rahmen. Die Windenergiebranche ist in Deutschland alles in allem gut aufgestellt. Daher gilt für politische Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger umso mehr: Gute politische Rahmenbedingungen führen dazu, dass diese Branche schnell wachsen kann und schnell mehr grüner Strom ins Netz kommt.
[1] Warum es so lange dauert, Windkraftanlagen zu bauen | MDR.DE
[2] Ölkonzerne stürzen sich auf Offshore-Wind (klimareporter.de)
[3] Statistiken zur Windenergie | Statista
[4] Windenergie an Land | Umweltbundesamt
[5] Energiewende rückwärts (klimareporter.de)
[6] Windkraftanlagen: Ruiniert der Technologiewettlauf die Windrad-Branche? (handelsblatt.com)
[7] Windenergie (fraunhofer.de)
[8] Windenergie an Land | Umweltbundesamt
[9] Mehr Windenergie für Deutschland | Bundesregierung
[10] Energiewende: Woher kommen die Rohstoffe für Windräder und Solaranlagen? – DER SPIEGEL
[11] Vielfach höhere Hürden für Windkraft-Ausbau (klimareporter.de)
[12] Bundeswirtschaftsminister Habeck und Industrievertreter beraten über Ausbau der Erneuerbaren-Produktionskapazitäten in Deutschland – pv magazine Deutschland (pv-magazine.de)
[13] Rotorblattfertigung (fraunhofer.de)